Newsnational Donnerstag, 28.02.2019 |  Drucken

Europäisches Urteil (EuGH): Schächten darf nicht mehr BIO sein

ZMD: Urteil stellt Diskriminierung dar und Schächten steht im Einklang mit dem Tierschutz - Exkurs: Die islamischen Standards zum Schächten und Tierschutz

Nach dem Urteil des obersten EU-Gerichts darf Fleisch von Tieren, die ohne vorherige Betäubung rituell geschlachtet wurden, nicht mit dem EU-Bio-Gütesiegel gekennzeichnet werden.

Zu diesem Urteil äußert sich der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek wie folgt: „Eine richtig praktizierte Halal-Schächtung erfüllt die Tierschutz- Kriterien und verdient aus diesem Grunde den BIO-Siegel sogar eher als z.B. nach Bolzenschlägen betäubte Tiere. Obgleich das EugH auf die bestehende Ausnahmereglung für Juden und Muslime hinweist, schränkt sie den Zugang basierend auf einseitig verfassten wissenschaftlichen Expertisen den Zugang für Juden und Muslime zum Bio-Markt ein, was einer Diskriminierung für religiöse Minderheiten gleichkommt. Statt die Auswüchse der Massentierhaltung in der EU zu bekämpfen und Maßnahmen zur Reduzierung des Fleischkonsums der europäischen Bevölkerung zu ergreifen, wird durch Rechtsinterpretation religiösen Minderheiten – nämlich Muslimen und Juden  – der Zugang zu tierwohlgerechtem Bio-Fleisch verwehrt." 
Hier zur ZMD-Pressemitteilung

Josef Schuster vom Zentralrat der Juden sagte dazu:„Das Urteil sei ein Schlag ins Gesicht für die jüdische Gemeinschaft und zeugt von einer großen Unkenntnis über das religiöse Schlachten“

Wie sieht das Schächten im Islam aus?

Der Islam lehrt uns Verantwortung zu tragen und jedem Geschöpf Gottes mit Respekt gegenüberzutreten. Tierschutz hat somit einen enorm grossen Stellenwert im Islam und jeder Muslim ist angehalten den Geboten Gottes Folge zu leisten.

Für muslimische Schlächter ist nicht nur das Leiden der Tiere, sondern auch ihre geschöpfliche Würde von Bedeutung. Ihre Ehre verbietet es ihnen, auf ein bereits leblos am Boden liegendes Tier einzustechen. Sie sind bestrebt, dem Tier, solange es noch steht, den tödlichen Halsschnitt zuzufügen. Sie haben stets den Vorwurf zurückgewiesen, der Verzicht auf die Betäubung würde den Schlachttieren unnötige Schmerzen zufügen. Sie legen Wert auf die jahrtausendalte Erfahrung, dass die Durchtrennung der Halsschlagader, sofern sie rasch und professionell "wie beim Biss des Tigers" erfolgt, augenblicklich die Durchblutung des Gehirns und damit auch das Schmerzempfinden unterbricht. Tiere, die auf diese Weise geschächtet werden, stoßen in aller Regel keine Todesschreie aus und fallen nach ungefähr dreißig Sekunden reglos zu Boden.

Der Todeskampf eines elektrisch betäubten und danach geschlachteten Tieres dauert dagegen meistens volle zwei Minuten. Nach wie vor sind die Schlachthöfe der großen Städte trotz aller Fortschritte in der Technik der elektronischen Betäubung und trotz musikalischer Berieselung der von Todesangst gestressten Tiere erfüllt von den Schmerzensschreien der Rinder und Schweine. Siehe hierzu den Kommentar von Peter Schütt in der Frankfurter Allgemeine Zeitung

Standards zum islamischen Schächten:

Islamologische Kriterien: Die Schlachtung habe betäubungslos zu geschehen, wobei islamische Tierschutzkriterien zu beachten sind.

1. Die Schlachtung eines Tieres muss räumlich von den übrigen Tieren getrennt vorgenommen werden, damit das Tier nicht zusehen muss, wie ein anderes geschlachtet wird.
2. Die Fesselung des Tieres muss derart erfolgen, dass das Tier keinen Qualen ausgesetzt wird,
3. es muss vorher getränkt, gefüttert und beruhigt werden.
4. Das Schlachtmesser muss sehr scharf sein und darf keine Scharten aufweisen.
5. Vor der Schlachtung muss der sachkundige Schlachter ein vorgeschriebenes Gebet sprechen.
6. Der Schnitt muss sofort die Halsblutgefässe, Speise -und Luftröhre durchtrennen, damit der Tod schnellstens eintritt.
7. Eine weitestgehende Ausblutung des Tieres ist zu gewährleisten.

Technischen Kriterien:
1. Die Schächterlaubnis darf nur in gewerblichen Schlachtbetrieben, in denen ein muslimisch-sachkundiger Schächter die Schlachtung vornimmt, gewährt werden.
2. Die Ausnahmegenehmigung für das diesjährige Opferfest ist nur auf Lämmer und Schafe einzuschränken. Für Rinder bedarf es, wegen der technischen hohen Anforderungen einer besonderen Genehmigung
3. Metzger und Schlachtbetriebe unterliegen dem deutschen Lebensmittelrecht und müssen für die Ausnahmegenehmigung am 22.und 24. 02.2002 von den örtlichen Veterinärämtern gemäß vorliegenden islamischen Standards und veterinär-medizinischen Bestimmungen die Genehmigung einholen.



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